Pressespiegel

„Nicht mit Phantasiezahlen arbeiten“

Die Elternvertretung des Gymnasiums hatte für Mittwochabend zu einer Diskussion rund um das Thema Stundenausfall und Lehrermangel eingeladen.

An der lebhaften Diskussion nahmen auf dem Podium teil (v. l.) Dr. Frank Homberg, Barbara Ficinus, Ina Spanier-Oppermann MdL, Joachim Busch und Terry Jentsch.

Mit der SPD-Landtagsabgeordneten Ina Spanier-Oppermann, die auch Mitglied im Schulausschuss des Landtags ist, diskutierten Schulleiter Joachim Busch, Elternvertreter Dr. Frank Homberg, Lehrervertreterin Barbara Ficinus und Schülervertreterin Terry Jentsch.

Über 160 Besucher, darunter rund ein Viertel der Lehrerschaft des Gymnasiums, folgten der von Thomas Reuter moderierten Diskussion lebhaft. Reuter lockerte die Stimmung immer wieder auf, so dass sich die Emotionen nicht hochschaukelten.

Was gilt als Unterrichtsausfall?

Schnell wurde deutlich, dass die Landtagsabgeordnete Spanier-Oppermann eine deutlich andere Sicht auf das Thema Unterrichtsausfall und Lehrermangel hat als die Mitdiskutanten und das Publikum. Sie betonte schon zu Beginn der Diskussion, dass es keine einheitliche Diskussion dafür gibt, was eigentlich als Ausfall zu gelten hat. Zu dieser Einschätzung kamen Schüler, Eltern und Lehrer am Ende zwar auch, aber Spanier-Oppermann musste feststellen: „Ich nehme zur Kenntnis, dass Ihnen egal ist, wie Ausfall definiert wird – es muss etwas getan werden.“

„Deshalb haben wir Sie eingeladen und nicht Vertreter der Bezirksregierung“, sagte Dr. Homberg. „Sie und die anderen Abgeordneten treffen im Landtag die Entscheidungen darüber, wo das Geld hingeht.“

Situation am Gymnasium Wülfrath

Schulleiter Busch legte den aktuellen Stand der Unterrichtsabdeckung an der Schule dar. Danach hat das Gymnasium zwar eine Personalausstattungsquote von 101% – aber nur auf dem Papier. Referendare sind nur anteilig einsetzbar; einige Lehrer waren langzeiterkrankt. „Viele Lehrer haben sich bereiterklärt, zu ihren eigentlichen Stunden noch zusätzliche Stunden zu unterrichten. Diese Mehrstunden muss die Schule ihnen zurückgeben – und zwar vor der Pensionierung“, verdeutlichte Busch den auch in Zukunft drohenden Lehrermangel.

In einigen Jahrgängen fällt wochenlang Unterricht aus. In manchen Fächern kann nicht der eigentlich vorgesehene Unterricht erteilt werden, weil es keine Lehrer gibt. Und das nicht in den naturwissenschaftlichen Fächern, wie die Abgeordnete sagte, sondern am Gymnasium Wülfrath vor allem in Englisch – weil die Stunden nicht zur Verfügung gestellt, d. h. bezahlt werden. Diesen Punkt machten Eltern und Lehrer aus dem Publikum besonders deutlich.

Durch die vermehrt im Gymnasium eingeschulten Kinder ohne oder nur mit eingeschränkter Gymnasialempfehlung steigt der Bedarf an individueller Förderung, um gemeinsame Ziele wie sie in Klassenarbeiten abgefragt werde, zu erreichen, betonte Ficinus. Und da helfe es nicht, „von Binnendifferenzierung zu sprechen, wie die Politik das dauernd tut“, legte Ficinus den Standpunkt vieler Lehrer dar und sprach sich strikt gegen größere Klassen aus.

Es gibt keine Lehrer an der Schule, die dazu da sind, Stundenausfall abzufangen, sozusagen als Springer. Auch das Eigenverantwortliche Arbeiten in der Oberstufe (EVA) sei kein Ersatz, wie die Schülersprecherin betonte, denn die Aufgaben müssten ja dann doch in der nächsten Stunde durchgegangen werden.

Streit um Statistik

Als die Abgeordnete darauf hinwies, dass das Land die frühkindliche Bildung in den Kitas deutlich stärker fördern will, erntete sie großes Unverständnis. Auch das Thema Statistik erwies sich als heikel: Es gibt in NRW keine wirklich aussagekräftige Statistik zum Stundenausfall („was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß“, meinte eine Mutter). Spanier-Oppermann sprach sich klar gegen eine landesweit einheitliche Statistik aus; sie wolle nicht die „gläserne Schule“. Eine einheitliche Statistik für alle Schulen würde zudem einen erheblichen Aufwand für die Schulen bedeuten. Busch entgegnete, dass jede Schule ja ohnehin eine Statistik führt und dass auch eine stärkere Transparenz nicht grundsätzlich schlecht sei.

Die Eltern wünschen sich vor allem eine Statistik, die wirklich alle Ausfallstunden registriert. „Statistiken werden in Düsseldorf geschönt“, sagte ein Vater, Frau Ficinus sprach von „Phantasiezahlen“, und weitere Eltern wünschten sich eine „saubere Statistik“. Von diesem Vorwurf war Spanier-Oppermann offenbar überrascht. „Ihren Wunsch nach einer „sauberen Statistik“ nehme ich mit“, sagte sie zum Abschluss. „Uns ist bewusst, dass Handlungsbedarf besteht; da wollen wir Signale geben.“  Sabine Drasnin / Super Tipp