Pressespiegel

Wenn’s eskaliert: Dissen – beleidigen – verletzen

Theater Gymnasium

„Stark im Konflikt“ heißt ein Projekt am Wülfrather Gymnasium, das sich an Sechst- und Siebtklässler richtet. Zum Auftakt gab es ein beeindruckendes Theaterstück in der Turnhalle der Schule.

Zum Schluss liegt Olaf regungslos auf dem Tisch. Den Schülern, die eben noch gegrinst haben, bleibt das Lachen im Halse stecken. Es ist das Finale eines Schauspiels über Ursachen und Auswirkungen von Gewalt. Die sieben Klassen der sechsten und siebten Jahrgangsstufe des Gymnasiums erleben dieses Theater der anderen Art hautnah in der Turnhalle – als Auftakt ihres Projekts “Stark im Konflikt.

Die Schüler sind Kulisse, Akteure und Betroffene

Tische sind die Bühne für die sechs Schauspieler. Die Tische bilden ein Rechteck. Und mittendrin sitzen die Mädchen und Jungen. Sie sind somit mehr als nur Zuschauer. Sie sind Kulisse, sie sind Akteure – und ja, sie sind Betroffene. Denn das, was die Darsteller der “Steimel-Menschner-Projekte” spielen, ist Schüler-Alltag – auf die Spitze getrieben. Das Dissen der Kids untereinander – also, dass sich scherzend Beschimpfen – ist anfangs noch cool und witzig; die Gymnasiasten lachen ausgiebig bei solchen Szenen. Doch der Schritt in die Eskalation ist kurz – bis zur echten Beleidigung oder verbalen Verletzung: “Du bist fett!” “Du stinkst!” Am Ende kann körperliche Gewalt stehen – und Olaf liegt am Boden.

Probleme zu Hause, fehlende Aufmerksamkeit, Schulschwänzen, Lehrer fertigmachen, Ausgrenzungen, Brutalität, Abzocken – die ganze Palette ist in der Turnhalle in 50 Minuten komprimiert zu erleben. Seit 2000 setzen sich die Theaterregisseure Simon Steimel und Tina Menschner mit dem Thema Jugendgewalt auseinander. Daraus machen sie nicht nur ein faszinierendes wie erschütterndes Theaterstück, sondern nutzen dies als Einstieg in ein Trainingsprogramm: Welche Strategien gibt es im Konflikt? Wie gehe ich mit verbalen und körperlichen Angriffen um? Wie entziehe ich mich einer bedrohlichen Situation? Nach dem Theater geht es in kleineren Gruppen weiter.

Schulleiter Joachim Busch war nach dem Theater restlos beeindruckt: “Es ist hilfreich und wichtig, zu erkennen, wie etwas entgleisen kann.” Auch am Gymnasium, weiß er, gibt es unterschiedliche Formen der Bedrohung der Schüler untereinander, “nur nicht so stark, wie im Stück bewusst pointiert herausgearbeitet wird”.

Die Schüler empfanden das Theater “vor allem als witzig”, wie Fynn hinterher sagte. Und seine Kumpels aus der Sechsten nicken. Dass Grenzen schon mal überschritten werden, räumte Jannik (Klasse 7) ein. “Man hat im Stück schon einige Sachen wieder erkannt, es ist nur nicht so extrem.”

Im Januar wird das Anti-Konflikt-Training im Gymnasium fortgesetzt.