Mit dem Offenen Atelier der Bergischen Diakonie Aprath haben junge, unbegleitete Asylsuchende an einem Kunstprojekt gearbeitet.
Er umschließt es fest mit seinen Armen. Er kuschelt den bearbeiteten Ytong-Stein an sich, drückt ihn. Es ist ein Herz, das Faramoz aus dem Quader herausgearbeitet hat. Ein rotes Herz, das ein kleines zweites in sich trägt. „Für Mama“, sagt er mit einem Lächeln, habe er das Herz gestaltet. Der 14-Jährige aus Afghanistan gehört zu den unbegleiteten, minderjährigen Flüchtlingen, die in der Bergischen Diakonie Aprath Zuflucht gefunden haben. Im dortigen Offenen Atelier hat er an einem Kunstprojekt teilgenommen. Das Thema: „Spuren hinterlassen“.
„Die Jungs“, sagt Kunsttherapeutin Sunci Matjanic, „hinterlassen in der Zeit, in der sie hier sind, Spuren. Die wollen wir sichtbar machen.“ In den Sommerferien wurde das Projekt gestartet. Alle haben an Ytong-Quadern gewerkelt – mit Feile und Säge, mit spitzen Werkzeugen. „Es war ein stilles, konzentriertes Arbeiten. Jeder für sich. Dann war es wieder ein Miteinander, haben sie in kleinen Gruppen beraten, wie sie an ihren Objekten weiterarbeiten, haben einander geholfen“, skizziert Matjanic. Und dann – schildert sie weiter – gab es an den sonnigen Tagen auch spontane Reaktionen. „Es lief immer Musik. Und manchmal sprangen sie auf und tanzten.“ Ein Bild, das ihr nicht mehr aus dem Kopf geht. Glücksmomente. Unbeschwertheit. Das Projekt sei für die ganze Gruppe positiv gewesen, befindet auch Rita Dittmer, Fachleiterin in der BDA-Jugendhilfe.
Im Haus Sonne werden die entstandenen Kunstwerke der „Flüchtlings-Bilderhauer“ gezeigt. Zwölf bis 14 Jungen im Alter von 14 bis 17 Jahren haben mitgewirkt. „Einige von ihnen leben nicht mehr hier, sind in anderen Gruppen untergekommen“, merkt Dittmer an. Für die kleine Ausstellung kommen viele zurück. „Für diese Jungs ist die BDA ein besonderer Ort, der erste, an dem sie nach ihrer Flucht sich aufgenommen fühlen konnten.“ Das hat auch Spuren hinterlassen – in den jungen Flüchtlingen.
Faramuz ist seit neun Monaten da. Er geht in die internationale Klasse am Wülfrather Gymnasium. Der Stolz auf seine Herzensarbeit ist ihm anzusehen. Seine Mutter, sagt er, vermisse er sehr. Sie ist noch in Afghanistan. Per Telefon hält er Kontakt.
Aus Afghanistan kommt auch Mostafa. Er ist 16 Jahre alt. Auch er besucht das Gymnasium. Aus dem Ytong-Stein hat er einen großen Kopf gekratzt, geschabt, gesägt – mit einem lächelnden Gesicht. Es sollte von Beginn an ein Männer-Kopf sein. Als dann Farbtöpfe ins Atelier gestellt wurden, malte er dem Kopf dicken Brauen und ein Kinnbärtchen. Auf der Rückseite hat er Flaggen gemalt: die deutsche und afghanische. Auch wieder Spuren…
Die nächste große öffentliche Ausstellung des Offenen Ateliers steht übrigens auch schon fest: am 18. November die Werkschau!
Thomas Reuter / Taeglich.ME