„Kinder in Not“ und das Städtische Gymnasium kooperieren. Erste Erfahrungen wurden gesammelt. Weitere Einrichtungen sollen bestückt werden.
„Periodenarmut“ – ein Begriff, den Wolfgang Peetz vor dieser Aktion nicht kannte. „Bei der Recherche war ich darauf gestoßen“, schildert der Koordinator der DRK-Initiative „Wülfrather Kinder in Not“. Der Begriff beschreibe das Problem, dass in bedürftigen Familien oftmals das Geld für Hygieneartikel fehle. „Es soll Mädchen geben, die während ihrer Periode die Schule nicht besuchen, weil sie sich die Produkte nicht leisten können und sich schämen.“ Das sei auch vor dem Thema Bildungsgerechtigkeit nicht tragbar – und auch deswegen hat „Wülfrather Kinder in Not“ in Kooperation mit dem Städtischen Gymnasium der Schule zwei Hygieneartikel-Automaten für beide Mädchentoiletten finanziert. Seit rund zwei Wochen sind sie im Einsatz – und die erste Bilanz dieses Wülfrather Pilotprojekts fällt ausnahmslos positiv aus, wie Gymnasiastinnen und Schulleitung auf einem Pressetermin betonen.
Die Nutzung ist denkbar einfach: Jede Schülerin ab Klasse 5 ist mit einem Coin ausgestattet worden. Diesen muss sie in den Automaten werfen. Dann kann sich die Schülerin entweder Tampons oder Binden „ziehen“. Der Coin fällt dann wieder heraus und kann so dauerhaft genutzt werden. „ich finde die Idee großartig“, sagt bei der Vorstellung stellvertretende Schulleiterin Stefanie Reuter. Die Sorge, dass mit den Automaten Unfug getrieben werden könnte, bestätige sich nicht. Darauf achten auch zwei Schülerinnen, die die Automaten kontrollieren und bei Bedarf neu auffüllen.
Reuter begrüßt, dass das Projekt dazu beitrag, dass Thema zu entaubuisieren. „Gut ist auch, dass jedes Mädchen einen Coin erhält, dass da keine Unterschiede gemacht werden.“ Peetz verweist darauf, dass Frauen in ihrem Leben laut Statistik 15.000 Euro im Schnitt für Hygieneartikel ausgeben. „Der Hartz IV-Regelsatz für die Gesundheitspflege liegt bei 8,22 Euro pro Person und Monat. Da ist es manchmal schon entscheidend, ob ich drei Euro für Tampons ausgebe oder für ein Essen.“ Auch das sein Anlass für das Projekt.
Im Pressegespräch schildern die Schülerinnen Vicky (16), Chantal (17), Angelina (14) und Sirinya (17) ihre Erfahrungen. Dass Schülerinnen nicht in die Schule kommen, weil sie während ihrer Periode keine Tampons zum Beispiel haben, ist ihnen nicht bekannt. „Aber eine Freundin hatte einmal ihre Binden vergessen und konnte sich so am Automaten helfen“, merkt sie an. Insgesamt, betont Vicky, „finden das alle klasse“. Auch die Jungen hätten das Projekt in der Schülerververtretung begrüßt, „auch wenn das Thema nicht so klar ist, was es uns bedeutet, diese Artikel zu erhalten“. Das Thema Monatsblutungen sei für viele immer noch ein Tabu.
Rund 1500 Euro hat „Wülfrather Kinder in Not“ für die beiden Automaten – übrigens von einem deutschen Startup-Unternehmen gebaut – und 500 Hygieneartikel ausgegeben. Für „Kinder in Not“ hält die junge WG-Politikerin Esra Ünal den Kontakt zu den Schülerinnen und kümmert sich darum, dass neue Artikel geliefert werden, wenn der Vorrat zu Neige geht. „Ich freue mich sehr, dass wir hier in Wülfrath den ersten Schritt wagen und Mädchen helfen können“, sagt sie.
Peetz betont, dass das Projekt Schule machen soll. Nach den Osterferien wolle er Kontakt zur Sekundarschule aufnehmen. „Aber auch für das Jugendhaus oder das Familienbüro sind diese Automaten vorstellbar.“ Auch in diesen Fällen werden „Kinder in Not“ die Finanzierung übernehmen.
Von Thomas Reuter / TME